Nachdem ich nun fast schon 1 Jahr von meinem Amerika Abenteuer zurück bin, war es mal wieder an der Zeit die Pferde (Bikes) zu satteln und ein wenig zu radeln.
Diesmal ging es nicht an das andere Ende der Welt - das Ziel war Deutschland.
Falls ihr euch erinnert, bin ich damals in der USA die Great Divide MTB Route geradelt. Auf der tollen Internetseite bikepacking.com entdeckte ich das deutsche Pendant dazu. Der Plan war von Basel zum Kap Arkona auf Rügen zu biken. 1650km, 20.000 Höhenmeter in 16 Tagen. Wie bei der Route durch die USA geht es darum Verkehr und Asphalt zu vermeiden und so wild wie möglich Deutschland zu durchqueren. Dabei wurde versucht die Wasserscheiden in Deutschland zu verfolgen. Aber genauere Infos findet ihr unter folgenden Link.
Als Mitstreiter für das Projekt opferte sich mein Freund Kimme auf, den ihr ja aus Zentralamerika kennt.
Höchst motiviert trafen wir uns am Pfingstmontag am Hauptbahnhof in Basel.
Ich hatte unterwegs meine Freundin Isa in der nähe von Zürich besucht. Bei Kimme hat sich wieder einmal gezeigt, dass es nervt, wenn man mit dem Rad öffentliche Verkehrsmittel benutzt und nicht radelt. Im ICE ist es nicht möglich Räder zu transportieren, deswegen packt man alles in einen Fahrradkarton. Normalerweise kein Problem, aber das Personal war diesmal etwas unkooperativ und wollte Thilo auf Grund des großen Gepäckstücks nicht mitreisen lassen , nach etwas Überredungskunst und dem Hinweis, dass der Bademeister, heiß wie ne Heizung, in Basel wartet, durfte er letztlich mit. Ich glaube, dass Thilo. nach der Anreise Odysee, damals in Zentralamerika, einige Skills auf Lager hat und nicht so leicht vom DB Personal aus der Ruhe zu bringen ist. Ich möchte schon vorweg nehmen, dass ich auf dem Rückweg nichteinmal auf den Karton angesprochen worden bin.
Hier noch kurz grob die Route
15Uhr, schönes Wetter , und da wir wussten, dass die Tour ne kleine Herrausforderung sein wird, entschieden wir uns dazu schon ein paar km loszurollen. Es ging auf schweizer Seite entlang des Rheins Richtung Osten. Nach kurzer Zeit bekamen wir eine Vorgeschmack auf die Tour. Wir verfolgten nicht den Radweg, sondern den Wanderweg, der ein verwurzelter Singletrail war und immer wieder kurze Tragepassagen zu bieten hatte.
Der Abenteuer Modus war sofort aktiviert und wir hatten unseren Spaß.
Nach 50 wunderschönen km war es an der Zeit einen Platz für die Nacht zu finden. Eine Wiese am Waldrand, etwas abseits vom Rhein und der Route war unsere Wahl. Thilo bereitete unser Nachtlager vor und ich zauberte etwas leckeres auf dem Herd. Die Rollenverteilung war ohne darüber geredet zu haben klar und sollte sich auf der ganzen Reise bewähren. Der gesamte Tag : Anreise, radeln, Schlafplatz suchen, aufbauen , kochen, draußen zu sein, hat sich so vertraut angefühlt. Ein schönes Gefühl. Back on the map.
Rhein
Die nächsten 2-3 Tage biketen wir durch die schwäbische Alp. Es wurde einiges geboten, Schotterstraßen, Waldwege, kaum zu erkennende Pfade, tolle Singletrails, ab und zu asphaltierte Radwege (mit ganz vielen E-Bikes), ganz selten Straße (zum Glück), mega steile Anstiege, zahlreiche Burgen, Natur pur und immer wieder traumhaften Ausblicke. Das Wetter spielte auch super mit und die kurzen Gewitter verpassten wir oder umgingen sie ganz souverän mit ner Pause in einer der zahlreichen Schutzhütten. Schwäbische Alp - ein kleines Highlight.
Schwäbische Alp
Wie bei all meinen Reisen, sind es die v.a. Begegnungen mit Menschen, die bleibenden Eindruck hinterlassen.
Mehrmals am Tag, muss man während einer Radreise, das Wasser auffüllen. Entweder an Quellen, Bächen oder eben in dem man Leute anspricht.
Business as usual in der Nähe von Onstmettingen. Wir waren kurz von der Route abgekommen (nur 1-2km andere Route, wollten aber nicht umkehren) und passierten am Abend das Sportlerheim von Onstmettingen am Skihang. Ich fragte einen älteren Mann, Wolfgang nach Wasser. Wir führten ein schönes Gespräch , über alles, aber nicht übers Wasser und er bot uns eine Dusche an. Wolfgnag war der Leiter der Sportgruppe. Aufgrund unseres straffen Zeitplans wollten wir eigentlich weiter, aber der finstere Himmel lies uns bleiben und wenig später begann es heftig zu regnen. Wenig später fanden wir uns ,mit alkoholfreien Hefeweizen und Kimme mit ner Currywurst in der Hand, in der Gaststube wieder. Nicht allein , dass wir uns kurz Verfahren hatten, war Schicksal, auch der Fakt , dass die Seniorengruppe an diesem Tag Gymnastikabend in ner Turnhalle gehabt hätten, die Halle aber nicht zur verfügung stand und sie so einen gemütlichen Grillabend im Sportlerheim verbrachten. Hammer!!! Wir verbrachten mit der Gruppe einen tollen Abend, ich wurde, nach nem sturz am Tag, verartztet, wir konnten Duschen und sogar im trockenen schlafen. Wir sollten am nächsten Tag einfach die Türe schließen und niemanden sagen, dass offen ist, haha. Geile Geschichte.
Sportlerheim Onstmettingen
Nach ner kurzen " Flachpassage", mit trotzdem genug Höhenmetern , durchquerten wir das Fichtelgebirge. Es ging wieder hoch bis auf 1000m und uns wurde wieder einiges abverlangt. Wir wussten , dass wir im schnitt 100km am tag fahren müssen, um in den 16Tagen das Kap zu erreichen. Bis zum vorletzten Tag sollten wir nie mehr als knapp über 100km am Tagesende auf dem Tacho stehen haben. Und das trotz Fahrzzeiten von 7-8h - jeden Tag.
Das war dem anspruchsvollen Untergrund, der so viel energie zieht, und der Höhenmeter geschuldet (tgl. zwichen 1500-2000) und zeitweise auch der Hitze. Kirschbäume am Wegesrand, Erdbeeren, mit Kassen des Vertrauens, Pausen mit leckeren Essen, liesen uns immer wieder zu Kräften kommen.
Ein Highlight, v.a. für kimme , hahaha, war eine Hütte vom Forst.
An einem heißen Tag im Fichtelgebirge war es mal wieder Zeit für ne Pause und Wasser brauchten wir auch, der Wald wollt wollte irgendwie nicht enden und wir hatten schon wieder ganz schön rumgewörscht. Da kam , wie eine Fatamorgana, diese besagte Hütte. Von weiten sahen wir einen Wasserhahn und ein Steinbecken, bei genuaeren Hinschauen offenbarte sich noch ein Schlauch mit ner Brause, was wir dann als Dusche einsetzten, es gab sogar einen Seifenspender an der Wand. Die Hütte war auch noch offen und mit Strom versorgt, so konnten wir ein paar Sachen laden.
Auf der anderen Seite des Weges war noch eine Hütte mit Bänken und Tisch im Schatten und so hatten wir, nach Wäsche waschen, Duschen, Wasser auffüllen und Sachen laden eine schöne Mittagspause bei angenehmer Temperatur. Unsere Euphorie über diese Hütte kann man evtl. nur verstehen, wenn man selbst schon einmal autarg mit dem Rad unterwegs gewesen ist.
bester Pausenplatz
Und Zack waren wir in Tschechien. Die nächsten Tage überquerten wir immer wieder Die Tschechisch-deutsche Grenze und durchforsteten das Erzgebirge. Das Routing war ein Träumchen und Region in der Nähe meiner Heimat sollte ein weiteres Highlight der Tour darstellen. Dann ncoh kurz das Elbsandsteingebirge durchquert und dann wurde es langsam flach. Wir freuten uns auf ein paar Tage ausrollen, es kam aber etwas anders. Der Untergrund wurde zum Teil unfahrbar sandig, das Material kam an seine Grenzen (wir zum Glück nicht) und diese Mücken ( hatten wir in unserer Naivität gar nicht damit gerechnet) leisteten uns von nun an Gesellschaft.
Erzgebirge
Am nächsten Abend bekamen wir jedoch erwartete und unerwartete Gesellschaft. In Weißkeißel, schon mal davon gehört?, wir auch nicht, fragten wir wie jeden Abend nach Wasser! weißkeißel liegt in der Nähe von Bad Muskau, an der polnischen Grenze, in der Oberlausitz. Diesmal traf es Fanny, Mutti vom 8 Monate alten Gustav und Frau von Thomas. Ich ging mit ihr in die Küche und wir füllten unsere Wasserbehälter auf, wie immer erklärte ich kurz was wir machen und Fany war begeistert, v.a. auch darüber, das wir an ihren schnucklichen Haus vorbeikommen. Sie fragte ob wir zum Grillen bleiben wollen und wir sagten sofort zu, das Zelt wurde im garten aufgeschlagen. Am selben Abend, wollte uns auch noch Axel, ein Kumpel von Kimme besuchen, der in Cottbus lebt. Nun mussten wir ihm nicht die Koordinaten vom Schlafplatz schicken sondern nur die Hausnummer. Es wurde ein schöner, interessanter und geselliger Abend. Ich durfte in der Küche kochen, Fanny wusch sogar noch unsere Wäsche und wir wurden verköstigt. Wie schön.
Fanny, Kimme, Gustav, Thomas und ich
Total glücklich über diese tolle Erfahrung radelten wir am nächsten Tag Richtung Norden. Kimmes Pedale war die gesamte zeit, sagen wir mal schwergängig, aber an diesem Tag gab sie ganz auf und war dann einfach mal fest. Was tun? Dank der modernen Technik, hatten wir im nu einen Radladen ausfindig gemacht der grob auf der Strecke lag. Es waren noch 30km und wir blieben zu Beginn auf der Route. Wenig später verlor Thilo die Pedale ganz und sein Fuß fand jetzt nur noch auf der Achse, auf der sonst die Pedale steckt, platz. Mehr als souverän fuhr er, als ob nix gewesen wäre , anspruchsvolle Singletrails und was uns sonst noch so in den weg kam. Der Laden schloss 18Uhr und wir wollten es noch unbedingt schaffen, an diesem Abend die neuen Pedalen zu bekommen. Wir verlißen hierfür die Route für 20km und bolzten über die Landstraße. Bei dem Verkehr wurde uns erst so richtig bewusst welche Ruhe wir auf der Tour tagtäglich genießen. 45min vor Ankunft begann es zu schütten/Hageln als ob es kein Morgen mehr gäbe.
Wir rollten in Beeskow an der Spree ein und als wir die Räder vor dem Radladen abstellten schlug die Kirche 18Uhr. Ich liebe das , wenn Pläne aufgehen.
Pedale gewechselt und wieder super aufgstellt. bis auf die gebrochene Speiche an kimmes rad, die ich euch vorenthalten habe. Da es fröhlich weiter regnete entschieden wir uns dazu uns eine Unterkunft zu gönnen. Die Leute im Radladen organisierten uns etwas und völlig unerwartet bekamen wir eine Ferienwohnung mit Wohnzimmer, Küche usw. - perfecto. Am Abend schauten wir etwas fern und wurden kurz aus unserer Radreiseidylle gerissen.
Dokumentationen über Arbeitslager in Russland und die schlimmen zustände auf Fairtrade Grünteeplantagen in Indien standen auf dem Plan.
Wir befanden uns nun seit 1 Tag in Brandenburg und das sollte das für uns härteste Bundesland werden, v.a. mental. Wie vorhin schon gesagt, war nicht viel mit dahinrollen. Immer wieder wurden wir auf sandigen Wegen zum Schieben gezwungen und auf alten Truppenübungsplätzen fühlte man sich zum Teil wie in der afrikanischen Steppe und wusste nicht wann diese Sandhölle aufhört. Wenn es rollte wartet man immer darauf das man versingt und ich, wie nicht nur einmal, mit dem Rad umfalle. Aber auch diese Hürde meisterten wir. Ich muss zugeben das wir ganz kurz auch mal angenervt waren und ich kurz mein Fahrrad weggeworfen hab. Neben den sandigen Passagen gab es auch Singeltrails in Wäldern, entlang von sumpfigen Seen, die mit Bäumen verlegt waren. Sobald man kurz zum stehen kam, um das fahrrad über die Bäume zu hiefen oder aus anderen Gründen, wurde man sofort von hunderten fetten Mücken attackiert. Radfahrerromatik mal anders. Aber die Moral war weiter ungebrochen gut und wir ein tolles Team.
Nachdem wir dieses Brandburg hinter uns gelassen hatten, warteten wieder Menschen auf uns, die uns die Reise versüsten. Krissi, mit der ich damals in Patagonien 4 Wochen unterwegs war, arbeitet schon seit ein paar Jahren auf dem Biber Ferienhof bei Mirow. Sie und ihr Freund Bert Bertson sind beide Freunde von uns und erwarteten uns auf dem Ferienhof. Für uns war es nur ein kleiner Umweg. Im Gebiet der Mecklenburger Seenplatte gelegen, eroberten wir mit nem Hausboot einen der unzähligen Seen, kochten auf dem Boot, sprangen vom Dach in den See und genossen die Abwechslung vom daily Business und die Gesellschaft unserer Freunde. Wir hatte die Ehre vor Krissis wohnwagen zu zelten und am nächsten Morge gabs noch ein schönes Frühstück draußen.
Bert, Krissi, Kimme und ich beim Frühstück
Nun waren es nur noch 250km bis zum Kap und dieser Montag wurde ein sehr asphaltreicher Tag, was wir aber, nach der ganzen Wühlerei die letzten beiden Wochen, dankend annahmen und 150km auf die Hirsche kurbelten. Das letzte Mal zelten. Wieder mit ganz vielen Mücken und als ich in der Nacht ganz kurz zum pieseln draußen war, wurde ich nochmal so richtig fertig gemacht. Aber auf die gesamte Strecke gesehen können wir uuns nicht beschweren.
Mit dem Bewusstsein, dass wir es fast geschafft hatten und der Sonne im Gesicht radelten wir nach Rügen. Doch 20km vor Ankunft wurde es doch nochmal spannend. An Kimmes hinteren Gepäckträger waren beide Verbindungsschrauben zu den Streben gebrochen - unmöglich zu reparieren. Gepäckträger pfutsch.
Nach ähnlichen Problemen, damals mit Holger in China, liesen wir uns nicht aus der Ruhe bringen. Man hat eben doch etwas an Erfahrung gewonnen, auf all den Reisen. Also packten wir die Taschen etwas um , ich nahm ein paar Sachen von Kimme und mit etwas abgeänderten Setup gings weiter.
Setup für die letzten km
Auf lässigen Singletrails biketen wir die letzten km entlang der Küste und wenig später waren wir am Ziel - Kap Arkona.
Spitze!!!
Thilos Vater, Volker , machte gerade auf Rügen Urlaub und hatte es so eingerichte , dass er uns mit nach Jena zurücknehmen kann.
Wie ihr wisst, eine super Erleichterung, weil Fahrrad und öffentliche Verkehrsmittel und so.
Wir radelten vom Kap etwas Richtung Süden und wurden von Volker abgeholt. Er fuhr uns an einen schönen Sandstrand und wir genossen das Meer, die Sonne und die Tatsche, dass wir alles so gut hinbekommen haben.
Die letzte Nacht durften wir kostenlos im Mitarbeiterzimmer von Volkers Unterkunft schlafen, auch eine tolle Geste.
P.S. am Abend stellte Kimme fest, das beide Hinterradstreben seines Fahrrads deutlich angebrochen waren.
Gut das es durchgehalten hat und wir es nicht eher bemerkt haben, haha
Die Tour war eine großartiges Abenteuer.
Danke Kimme , dass Du das Tag für Tag mit durchgezogen hast. In dieser Intensität ist das nicht selbstverständlich. Bist n super Kumpel und Reisepartner. Danke fürs Zelt auf- und abbauen und fürs abwaschen. Danke an alle Leute fürs Wasser und die Hilfsbereitschaft. Danke Volker, fürs mit nach Hause nehmen.
Falls ich was vergessen hab, Entschuldigung.
p.s. vergesst nicht die Bilder in der Galerie ;-)
Dann bis zum nächsten Abenteuer
Ralf/Rolf/Bademeister/Badi/Badolf....